Blog

ehrlich

„Du hast aber einen dicken Bauch! Der ist ganz gatschig!!“ ein Mädchen schaut sich meinen Bauch ganz genau an und drückt ihn.

„Gatschig“…mein Bauch ist also Erde mit Wasser vermischt und noch ein bisschen Glibber dazu. Eine tolle Vorstellung, wenn es wirklich so wäre. Dann würde mein Bauch tropfen oder Klumpen würden sich langsam lösen und schwer zu Boden fallen.

„Hast du abgenommen?“ würde mich vielleicht ein etwas älterer Mensch fragen. „Das Shirt steht dir ausgezeichnet. So vorteilhaft!“……

Wer spricht die Wahrheit. Habe ich nun einen Glibberbauch oder habe ich vorteilhaft abgenommen? Vielleicht ist ja auch die Perspektive von 3 jährigen Kindern sehr mitbestimmend.

Ich stelle mir gerade vor: Ich stehe in einem großen, hohen Raum und mir gegenüber ein Riese. Ich reiche ihm bis zur Mitte seines Oberschenkels. Also stehe ich genau unter seinem Bauch! Und der ist wahrscheinlich dick, oder? Riesen haben dicke Bäuche. Genau! So, jetzt noch angreifen…..ob ich mich das traue? Bei einem Riesen! Nein!!!!

Gut, also geht es natürlich um Wahrnehmung. Und ein ausgewachsener Mensch schaut von oben auf den Bauch!! Ist es deshalb die Wahrheit? Wir könnten Kindern unterstellen, dass sie durch ihre Wahrnehmung Dinge anders sehen oder fühlen als wir Großen. Es ist ihre Wahrheit und deshalb stimmt es. So gesehen sind Kinder immer ehrlich!! Wieso sollte ein dreijähriges Kind schwindeln? Ich sehe, also ist es so! Ich spüre, also bin ich!

Vielleicht sind wir kurz ein bisschen gekränkt: „Echt? ist mein Bauch sooo dick?“ Aber es ist schnell vergessen und wir lachen über den Gatsch – Vergleich.

Nun stellen wir uns diese Situation nochmal vor, aber diesmal sagt ein Erwachsener, eventuell der/ die Arbeitskollege/in, zu uns: „Hui, du hast aber einen dicken Bauch!!“Wie würden wir reagieren? Würden wir lachen? Oder es wegwischen? Oder ungläubig schauen? Oder richtig wütend werden? Den Kopf schütteln?

So eine Situation wird kaum eintreten, denn Erwachsene sind oft nicht ehrlich. In diesem bestimmten Fall würde ich mir auch keine radikale Ehrlichkeit wünschen. Nur leider ist das gespielte…“hast du abgenommen“…ein Beispiel für die Unehrlichkeit, die oft herrscht. Es ist ein Beispiel dafür, dass fast niemand sagt, was sie/ er sich denkt – in einer guten, respektvollen Weise. Dann wäre vieles leichter und freier.

Ich möchte den Menschen zurufen:“ Bitte kommuniziert!!!!“ Es ist nicht so schwer, wie es scheint. Es tut gut und alle kennen sich aus.

Naja, vielleicht schwindeln Kinder doch manchmal. Auch wenn sie noch so klein sind….Ich frage ein Mädchen, wie ihr Bruder heißt. Sie antwortet: „Ich weiß es nicht mehr.“

 

Soundtrack des Tages: „True“ Spandau Ballet

Werbung

anders

Kinder machen keinen Unterschied. Es ist egal, ob du weiß oder blau bist. Sauber oder schmutzig. Es ist egal, ob du glaubst oder nicht (an was auch immer). Es ist egal, weil sie nicht werten. Diese wertvolle Eigenschaft verlieren die Menschen mit der Zeit, durch ihre Erziehung, durch ihre Vorbilder und ihre Erfahrungen.

Wenn Kinder jemanden kündigen sollten, dann sicher nicht die Person, von der alle am meisten lernen können. Sie würden die gehen lassen, die sie auf die Bank setzt, um nachzudenken. Sie würden die fortschicken, die mit ihnen redet, als würden Kinder nichts verstehen. Sie würden sagen, du musst woanders hin, weil du so wenig Respekt hast vor uns. Sie wären ehrlich.

Kinder werden nicht gefragt. Was würden sie antworten? Die Antwort wäre klar und frei. Sie wäre voller echter Wertschätzung in kindlicher Sprache.

Erwachsene sind nicht frei. Sie sind manchmal feig. Sie kommen nicht mit direkten Fragen klar. Sie wollen sich ducken und drucksen herum. Sie haben leider oft keine ehrlichen Antworten. Warum? Was ist so schwer eine klare Antwort oder Meinung abzugeben und dazu zu stehen?

Würden ehrliche Antworten gegeben, dann wäre das Gefühl innen drin anders. Gut. Es wäre klar und im Fluss. Würde das wahre Gefühl dieser Personen zum Ausdruck gebracht werden, dann könnten wir uns gut lösen. Gut gehen.

Klar zu sagen, es ist so, wir wollen uns nicht verändern. Wir wollen so bleiben, wie wir sind, weil es so gut und bequem ist. Es ist anstrengend sich zu verändern. Es ist anstrengend den Alltag zu verändern. Es ist noch mehr anstrengend neue Impulse zuzulassen, andere Ansichten und Meinungen. Und noch viel anstrengender ist es Kritik zu vertragen und nicht einfach weiter zu dümpeln. Am aller anstrengendsten ist es offen zu sein und dies alles zuzulassen und vielleicht ein bisschen Weitblick zu bekommen. Sich zu erheben und ja zu sagen.

Kinder können das alles. Aber wie lange dauert es, bis sie genauso denken, wie die Erwachsenen mit denen sie täglich zusammen sind? Die es so gut meinen. Es ist kein Wunder, dass die Welt so tickt.

Aber es gibt kleine Hoffnungspünktchen zwischendrin und wir sollten gut schauen, um sie zu entdecken. Sie sind die Glühwürmchen der Veränderung!

 

Soundtrack des Tages: „Rettet die Wale“ Gustav

still

Es schneit. Ein bisschen. Die Welt wirkt dadurch stiller. Endlich.

In meiner Familie haben fast alle im letzten Drittel des Jahres Geburtstag. Der Startschuss ist im Oktober. Feste und Feste und Kuchen und Kuchen und Prosecco. Es ist laut und wird bis Weihnachten immer lauter. Aber dies spielt sich dann gar nicht mehr in meiner Familie ab, sondern es kommt von außen und ist schwer abzustellen.

Zu Helloween klingelt es. Kleine Hexen und Zauberer und Geister wuseln herum und schreien. Wehe ich habe keine Süßigkeiten. Heuer bin ich gerüstet. Ich sollte jedoch schnellstens das Haus verlassen und irgendwohin flüchten, es muss einen Ort geben, wo es still ist.

Im Wald! In der Waldkinderkrippe! Da ist alles besser. Ruhige, reflektierte Eltern, die ihre Kinder vom reinen Wahnsinn fernhalten und mit Filzhose bekleidet lachend und sich liebend durch den Wald stapfen. Ja, so ist es!!

Der Nikolaus kommt bald. Manche Kinder wollen nicht mehr in der Krippe bleiben, weil dieser ominöse Mann mit dem Bart eigentlich gar nicht nett ausschaut und die Geschichten dazu…..“Wenn du nicht brav bist, dann…..“ Es ist kaum zu glauben, aber bei diesen Dingen steckt die Gesellschaft immer noch in der schwarzen Pädagogik fest. Ist ja auch ein super Druckmittel!

Überall müssen die Kinder etwas bekommen. Es reicht nicht, dass der Nikolaus einmal nach Hause kommt, nein, er muss auch noch schnell in der Kinderkrippe vorbeischauen und Säcke voller Mandarinen und Lebkuchen verlieren. Ist das unheimlich!!! Im Wald liegt überall Süßes herum und was ist, wenn er sich auch noch wo versteckt. Können das die Kinder wissen??

Wenn ich will, kann ich Kindern alles erzählen und sie mit in eine Traumwelt nehmen. Das kann sehr schön sein, aber eben auch sehr unheimlich. Die Grenzen verschwimmen und sie wissen nicht mehr, was ist die Geschichte und wo die Realität. Wir haben eine große Verantwortung unsere Kinder gut durch diese Zeit zu begleiten. Leider ist auch bei vielen Erwachsenen eine Sicherung locker im Advent.

Eine Mutter erzählt mir, dass sie nun eine neue Tür daheim haben. Eine Wichteltür. Aha. „Alle meine Freundinnen haben jetzt eine Wichteltür!! Es ist so süß!!!!“ …..und was passiert da? „Ja, da zieht der Wichtel ein!“ Soso…und denn könnt ihr sehen? „Nein, der ist unsichtbar und dem geben wir dann zu essen und …“…..“so süß, gell!!!“

Ich rate der Mutter ab. Erzähle ihr von meiner Erfahrung mit unsichtbaren Mitbewohnern. Meine Kinder waren 2 und 5 Jahre und eines Tages zog er ein. „Rasi van Dasi“, aus Indien, unsichtbar und keck und er konnte nur mit mir sprechen. Wir machten ihm ein Bett und gaben ihm zu essen und ich dachte immer, was für eine süße Idee von mir und wie toll es meine Kinder fanden.

Viel später, meine Kinder waren circa 18 und 21 Jahre, sprachen wir immer wieder über diesen genialen Einfall von mir und sie erzählten mir, dass es so unheimlich war und sie sich richtig gefürchtet haben. Plötzlich war das Essen weg, sein Bett war ungemacht, ich hielt ihm die Türe auf, damit er spazieren gehen konnte. Ich dachte nicht einen Moment daran, dass es für sie nicht lustig und fantastisch sein könnte. Ich konnte ja unterscheiden, aber sie?

So habe ich der Mutter meine Erfahrung mitgeteilt. Ihre Kind hat mir Tage später von sich aus erzählt, dass sie Türe wieder weg ist. Ich fragte sie, ob sie sich vor der Türe gefürchtet hat und sie sagte ja.

Wir wollen eine zauberhafte Welt für die Kinder und uns erfinden und erreichen das Gegenteil. Von Stille keine Rede mehr und keine Entspannung weit und breit bei all den Engeln mit Burnout, besoffenen Nikoläusen und depressiven Christkindln.

Ich möchte die Weihnachtszeit nicht schlecht machen. Ich mag sie sehr. Ich möchte es einfach ein bisschen stiller.

 

Soundtrack des Tages: „I`m still here“ Tom Waits

Wahrnehmung

„Der Himmel ist schwarz.“ Ich schaue über mich und sehe einen blitzblauen Himmel. Ein 2 – jährige Bub neben mir blickt auf den gegenüberliegenden Hang und zeigt mit seiner Hand darauf. „Alle Himmel ganz schwarz!“ Er dreht sich weiter Richtung Westen und sagt: „Auch schwarz.“ Im Norden angekommen frage ich ihn, ob dieser Himmel auch schwarz ist und er blickt konzentriert eine Weile darauf. „Nein, orange!“ Er ist sehr zufrieden und spielt weiter. Der Himmel ist besprochen.

Ich finde es fantastisch, dass er „mehrere“ Himmel sieht. Wir sind auf 1000 Meter Seehöhe und da ist viel Himmel sehen möglich. Eigentlich ist es der Wald den er angeschaut und beschrieben hat, aber die Grenze zwischen Wald und Himmel ist für ihn übergangslos und somit auch Himmel. Das Orange erkläre ich mir mit dem Schimmer der rotbraunen Stämme der Föhren und einer leicht orangen Begrenzungsmauer, die unser Kinderkrippen – Grundstück umgibt.

Ich hätte ihn jetzt belehren können und ihm sagen können, dass es so nicht ist, aber das will ich nicht. Seine eigene Wahrnehmung ist in diesem Moment so kraftvoll und genug. Er hat so viele Himmel gesehen und sich so gefreut und nachgedacht. Ich dagegen hätte seine Vorstellung kaputt gemacht und wahrscheinlich auch seine Freude! Wir haben zusammen einen wichtigen Moment erlebt. Und alles andere ist egal.

Ich kann in meiner Welt, in meiner Fantasie alles sehen und erleben, wenn ich es zulasse. Für Kinder ist es ganz normal sich auf solche Reisen einzulassen. Und dann ist es oft, als wäre es wirklich passiert!

Bei meiner letzten Familienwaldgruppe haben wir über Moos gesprochen und wie fein weich und kuschelig es sein kann. Alle hören zu und ein Mädchen bestätigt die Weichheit, weil sie gerade ein Stück Moos in der Hand hält. Ich frage sie, ob sie schon einmal im Moos geschlafen hat und sie sagt:“Nein, noch nie.“

Ein 2,5 jähriges Mädchen hat genau zugehört. Sie steht genau vor mir und ruft voller Freude:“Aber ich!!!!“ Ihre Eltern lachen, sagen aber nichts. Das Mädchen strahlt. Und wir dürfen uns fragen, ob es wirklich so ist…..aber eigentlich ist es total egal.

 

Soundtrack des Tages: „Sa som i himmelen“ Gabriellas Song

Bedeutungen

Auch im Freien kann es sehr dick sein. Ja, dick. Ich weiß eben nicht, was ein Kind in diesem Moment fühlt, wenn es etwas lautstark verkündet.

Bub: „Zu dick!!!! Es ist zu dick!!!!!“ Er sitzt zwischen 2 Buben und möchte essen. Aber eben, was ist zu dick?…meint er das Brot, oder die Käsewürfel, die er dabei hat? Oder sind ihm die Kinder zu dick? Vielleicht ist es der Baumstamm gegenüber. Der ist sehr, sehr dick. Luft kann auch dick sein…..und sie streiten unentwegt, die drei, weil es ist so wenig Platz im Wald und eben alles ist zuuuuu diiiiick!!!!

Wir wissen sicher bald was er meint, oder wir glauben zu wissen, was er meinen könnte und so formen wir in unserem Kopf eine für uns stimmige Wahrheit. Genau so ist es, aber ist es wirklich so? Wir machen dies ständig und sind uns auch noch sicher. Wir sind uns enorm sicher das Richtige zu denken, ohne nachzufragen. Was meinst du denn wirklich?? Ich möchte es verstehen, dich verstehen!

Was bedeutet es wenn der Helli hinter der Sonne wohnt?? Seit dem Tag, an dem ich einen Bub im Wald beobachtet habe, wie er versunken die sonnenhellen Berge anschaut und dann in einem wehmütigen Ton diese paar Wörter von sich gibt: „Der Helli! Der wohnt hinter der Sonne!!!“….frage ich mich, wo ist hinter der Sonne? Er schaut ja die Berge an und nicht die Sonne, aber die Berge leuchten in der Sonne….hm. Vielleicht mag er ihn so sehr, dass sein Platz ganz nah an der warmen Sonne ist. Es hat keine Bedeutung, denn allein sein Gesichtsausdruck und sein Tonfall scheinen eine Geschichte zu erzählen.

Ich habe ihn nicht gefragt, wo der Helli denn wirklich wohne. Es ist wunderschön nichts zu wissen und nichts denken zu müssen. Ich kann auf Fantasie – Reisen gehen und mir eine sonnige Welt vorstellen. Oder meine ganz persönliche Reise hinter die Sonne.

Auf jeden Fall denke ich gerne an diesen versonnenen Blick zurück.

 

Sountrack des Tages: „Sonnendeck“ Peter Licht

Zeit 3

„Die Zeit ist ein Vogerl“….ist mir heute in meine Gedanken geflogen, aber es heißt ja anders….“Das Glück ist ein Vogerl“. Wie auch immer, ob Zeit, ob Glück. Habe ich Zeit bin ich voller Glück, bin ich voller Glück ist mein Leben zeitlos.

Vor Zwei Wochen war ich, wieder einmal, tief in der Natur. Der Workshop sollte uns tiefe Natur -Verbindungen vermitteln und uns die Coyote -Kernroutinen näher bringen. Ich bin schon öfters bei Natur -Lehrgängen dabei gewesen und sie drehen sich dann meist um die gleiche, grundlegende Philosophie…dem Natur -Mentoring. Ich kann 100 oder mehr besuchen, ich werde jedesmal so viel neues erfahren, über mich, über die Natur, über die anderen und es wird mich nie langweilen. Im Gegenteil!

Die Zeit ist viel zu schnell vergangen und die einzigen, die ich nicht vermissen werde, sind die Mücken und die Zecken.

Anscheinend ist die Zeit in der Kinderkrippe auch rasend vergangen und die Kinder wieder um einiges größer und noch vorwitziger.

Ein Mädchen, sie ist 3,5 Jahre alt schaut mich an und sagt: „Du bist eine Oma!! Ich:  „…aber ich habe doch gar keine Enkel!!..Ich bin Mama!!!“ Sie darauf (kichernd): „Neiein, du bist eine Oma!!!“ Sie ist sehr überzeugt und ich frage sie: „Warum?“ Noch mehr Gekicher, doch dann antwortet sie mit großer Überzeugung: „Weil du alte Haare hast!“

Die Kinder hatten ja schon viele Farbideen für meine Haare….gold, glitzer, lila, blau,…aber alt….. ist neu!

Eigentlich sind sie silber und dass schon so lange ich mich erinnere!!

 

Soundtrack des Tages: „Des Glück is a Vogerl“ Adi Hirschal

 

Liebe

Liebe ist leicht. Liebe ist schwer. Liebe macht voll und leer. Wie steht es immer so toll in Büchern geschrieben: Bedingungslos lieben. Nur geben und nichts nehmen sollen. Liebe braucht kein Verzeihen.

Liebe ist alles und alles ohne Liebe ist nichts…..ist das so?

Ich finde es manchmal schwer, sehr schwer. Die Leichtigkeit zu denken, Liebe ist einfach, fehlt mir oft. Kindern fällt es leicht, glaube ich.

Ein Mädchen beim Wickeln. Ich berühre ihren Fuß und benenne ihn. Sie sagt:“Ich mag so gerne meinen linken Fuß!“ Am nächsten Tag liebt sie ihren kleinen Zehen. Sie schaut mir ins Gesicht, mit einem Lächeln:“Ich mag dich so gern.“…um mich am nächsten Tag ganz blöd zu finden. Sie spürt, fühlt und sagt es frei. Sie stellt keine Bedingungen. Nicht an mich und auch nicht an ihren Fuß.

Ein Bub läuft im Garten voller Freude auf mich zu. Er hat eine Blume in seiner Hand und ruft:“Hei, ich habe dir eine Blume gepflanzt!!!“ Ja, er pflanzt auch noch etwas anderes. Liebe. Nimmt seine ganze Liebe in die Hand und schenkt sie mir. Warum fällt mir das so oft so schwer? Ich habe doch die besten Vorbilder um mich.

Ein Mädchen kommt zu mir. Eine Feder in der Hand.“Die ist für dich. Die ist ganz besonders und ich schenke sie dir, weil ich weiß, dass du Federn liebst.“ Was gibt es mehr zu sagen?

Ich bleibe dran. Ich möchte leicht lieben. Ich brauche nur die Kinder zu beobachten. Dort lerne ich alles.

 

Soundtrack des Tages: „Keep on loving you“ Cigarettes after sex

Weglaufen

Ich liebe meine Arbeit.

Heute nicht. Ich möchte aufstehen, langsam, mit einem Lächeln im Gesicht und sagen:“Ich gehe jetzt, macht es gut, ich gehe heim. Passt auf euch auf.“

Ich nehme meine Jacke und lasse all die knurrenden Tiere, zähnefletschenden Prinzessinnen, vollen Windeln, weinenden Prinzen, sich die Köpfe einschlagenden Lieblinge und saugenden Säuger zurück. Ich schaue nicht zurück in diesem Tagtraum. Ich gehe nach Hause und freue mich auf Ruhe und Zeit für mich.

Alleinsein. Ordnung.

Voller Freude sperre ich die Türe auf und es empfängt mich der Duft nach Lasagne, der Tisch ist gedeckt und meine Töchter lachen mich an und schenken mir Blumen.

Schnitt.

Ich stolpere über Schuhe, die so stehen, dass es nicht möglich ist, nicht darüber zu fallen. Überall Jacken und Taschen und Schuhe und statt der Lasagne stehen 4 Schmink-Täschchen auf dem Tisch. Der Puder ist großflächig verteilt und dazwischen mischen sich Haare und Haarbänder. Im Bad die Katastrophe. Gewand soweit das Auge reicht, Handtücher in Hülle und Fülle und der Boden ist mit einem feschen Haarteppich ausgelegt. Fein! Da freut sich die Mama!

Die zerstörte Tochter sitzt am Tisch und jammert über ihr „ach“ so stressiges Leben. 40 Stunden arbeiten….ich bin so fertig, ich kann nicht saugen auch noch. Ich brauche Zeit für mich.

Ich frage meine überarbeitete Tochter, was ich ihr bringen kann. Mach ihr Kaffee, massiere ihr die Füße und habe ein offenes Ohr für sie.

Schnitt.

Zeit für mich? Was ist das, möchte ich fragen….ich lerne gerade. Ich möchte auch so selbstvergessen und unrealistisch sein. Manchmal. Positiv daran ist, dass ich etwas lernen kann. Wie webe ich so einen Teppich und muss ihn nicht gleich wegputzen? Wie lebe ich noch weiter nach 40 Stunden arbeiten? Zeit haben ist erlernbar. Gelingt es, ist das so ein schönes Gefühl.

Die jüngere Tochter hängt derweil im Bett und liebt ihr Handy. Wann ist die Hochzeit? Um sie herum Türme von Tellern und Gläsern, den Müll sortiert sie prinzipiell nicht. Sie findet das nicht notwendig. „Wird ja alles wieder zusammen geschmissen.“

Ich räume ihr das Zimmer auf, frage ob ich noch saugen soll,….

An solchen Tagen würde ich gerne in einen Bus steigen und dahin fahren, wo es nur mich gibt.

Ich liebe meine Töchter. Ich liebe meine Arbeit.

 

Soundtrack des Tages: „Einen Sommer lang nur tanzen“ Fiva

Muttertag

Wir basteln nicht.

Weder zu bestimmten Anlässen, noch im Krippen-Alltag. Die Eltern wissen, dass sie nichts Sinnloses geschenkt bekommen, das sowieso nicht von ihren Kindern gemacht ist.

Ich frage am Tag nach dem hohen Feiertag einen Bub.

„Hast du mit deiner Mama gestern Muttertag gefeiert?“

„Jaaaa, und ich habe meiner Mama einen Mutterkuchen geschenkt.“

Mahlzeit!!

 

Soundtrack des Tages: „Blumenwiesenworte“….5/8erl in Ehr`n

Tier

Ein Bub in meiner Gruppe war in einem seiner früheren Leben sicher ein Tier. Ein Löwe, ein Hund, ein Bär. Irgendwie wild und gemütlich zugleich….doch Löwen können durchaus gemütlich sein! Bären auch…Honig und so!

Er krabbelt durch den Gruppenraum, um mich oder wen auch immer, plötzlich anzufallen oder anzubrüllen. Ich spiele da gerne mit und brülle zurück, lasse mich auf ein Balgspiel ein. Meistens bleibt es harmlos und sanft, ganz nach Fred O. Donaldson und seinen Theorien zum „ursprünglichen Spiel.“

Manchen Kindern ist das Gebrülle natürlich zu laut. Mir auch. Wenn das Tier überhaupt nicht aufhören will, müssen wir es fragen, ob es nicht in seine Höhle gehen will. Das funktioniert immer wieder wirklich gut und es brüllt dort weiter und wir können uns etwas entspannen. Oder wir müssen uns halt die Ohren zuhalten! Sehr oft kommen noch weitere Tiere dazu und wir haben ein brüllendes Rudel.

Er kann noch nicht reden und so ist es natürlich wunderbar, wie viel Aufmerksamkeit er als Tier bekommt. Er knurrt und brummt dann ein Kind an und dieses schaut ihn aufmerksam und auch entgeistert an. „Was will es von mir?“…. Das Tier hat den Finger erhoben und brüllt dem Kind etwas zu, sicher wichtig! Voller Inbrunst und Hingabe.

Das Tier bleibt tagelang, wochenlang bei uns und ist dann plötzlich weg. Von einem Tag auf den Anderen.

Das Tier wird zum Feuerwehrmann, der ständig löschen muss.

 

Soundtrack des Tages: „Ruf Teddybär 1 – 4“ Jonny Hill